Einladung zum VII. Nürnberger Forum:

Spiritualität und ethische Erziehung

Erbe und Herausforderung der Religionen

Montag, 25. - Freitag, 29. September 2000

"Spiritualität" und "ethische Erziehung" bezeichnen ein Spannungsfeld: Spiritualität wird zumeist der Frömmigkeit zugewiesen und auf Gottesdienst, Gebet, Meditation in religiösen Kreisen bezogen. Ethische Erziehung - als die Herausbildung von Verhaltensnormen bei jungen Menschen - erscheint demgegenüber als eine weit über die Religionen hinausgehende, von ihnen unabhängige, auf sie gegenwärtig nicht mehr angewiesene Verpflichtung.

Das Thema des VII. Nürnberger Forums beinhaltet die These: Spiritualität und ethische Erziehung stehen in notwendiger Beziehung zueinander. Die Religionen haben hier ein spezifisches Erbe einzubringen. Gegenüber einem vordergründigen Zweck- und Erfolgsdenken wird geisterfülltes Leben zunehmend wichtig. Und gegenüber egoistischem Verhalten, Gewaltbereitschaft und der Ausbeutung der Lebensgrundlagen erhält geistlich inspirierte ethische Erziehung immer größere Bedeutung.

Im öffentlichen Bewusstsein, im politischen Handeln und in ökonomischen Konzepten wird diese Dimension allerdings weitgehend ausgeblendet, zum Teil bewusst verdrängt und für irrelevant erklärt - obwohl es nahezu keinen Konflikt in der Welt gibt ohne religiöse und ideologische Implikationen.

Spiritualität und ethische Erziehung stellen in doppelter Weise eine Herausforderung der Religionen dar: als Herausforderung für die Religionen - und als Herausforderung durch die Religionen. Eine Herausforderung sind sie für die Religionen, die Spiritualität oft ohne Bezug zur realen Welt praktiziert haben und sich nicht selten für egoistische politische Ziele missbrauchen ließen. Eine Herausforderung durch die Religionen sind sie, weil diese - auch im 20. Jahrhundert - wegweisende Modelle verantwortlichen Lebens aus dem Glauben heraus entwickelt haben.

Dazu ist nicht nur auf die Beispiele Mahatma Gandhis, Dietrich Bonhoeffers, Martin Luther Kings und gegenwärtig des Dalai Lama zu verweisen, sondern auch auf Bewegungen und Kommunitäten, auf pädagogische Initiativen und Projekte in den verschiedensten Lebensverhältnissen und religiösen Kontexten. Im "Projekt Weltethos" wird diese Beziehung angefragt und angemahnt, ohne säkulare Motivationen für ethisches Handeln auszugrenzen.

In der Tradition der Nürnberger Foren zur Religions- und Kulturbegegnung in der Erziehung werden sich beim VII. internationalen Nürnberger Forum Expertinnen und Experten aus Theologie, Religionswissenschaft, Pädagogik und anderen Humanwissenschaften zusammen mit Fachleuten aus schulischer und gemeindlicher Erziehungsarbeit dem Thema "Spiritualität und ethische Erziehung" widmen. Geplant sind grundlegende Beiträge aus den Religionen, Beiträge aus dem Problembereich von Religionen, politischer und ethischer Willensbildung und vor allem pädagogisch-konzeptionelle Beiträge. Dabei werden aber auch praktische Modelle, Erfahrungen und Initiativen eingebracht. In der Arbeit mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern sollen neue Perspektiven eröffnet und Initiativen inspiriert werden.

In diesem Sinne lade ich Sie herzlich zur Teilnahme ein!

Ihr

Prof. Dr. Johannes Lähnemann

Universität Erlangen-Nürnberg
Erziehungswissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl für Religionspädagogik und
Didaktik des evangelischen Religionsunterrichts

Regensburger Str. 160
90478 Nürnberg
Telefon ++49-911-5302-549
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